Die vergangene Zeit, seit Ende letzten Jahres, war nicht leicht. Um so mehr freut es mich, Euch endlich wieder einmal ein Häppchen aus Berserkerblut III präsentieren zu können, dessen Manuskript derzeit seine Runde bei meinen lieben und genialen Beta-Leserinnen macht. Aber nun will ich keine langen Reden schwingen, sondern wünsche Euch viel Spaß mit Cinnamon und – na, wer kommt drauf? 🙂
»Ich hasse es, recht zu haben«, murmelte der Neuankömmling namens Dev, griff Lunbror um die Taille und stützte ihn. Erst jetzt sah Cin, dass die Lederjacke an der Schulter zwei Löcher aufwies und sein Hemd rot durchtränkt war. Sorge überwog ihre Angst und sie kroch aus ihrem Versteck, um die hintere Tür des Wagens zu öffnen. »Ist er schwer verletzt?«
Überraschung zeichnete sich bei ihrem Anblick auf den Zügen des Helfers ab, von der er sich schnell zu erholen schien.
»Ja, ich fürchte schon. Allerdings müssen wir sehen, dass wir wegkommen. Setz dich mit ihm zusammen nach hinten und schau, was du für ihn tun kannst. Ich geh ans Steuer. Wenn wir länger warten, rückt vielleicht noch Defoes Ersatzarmee an oder die andere erwacht aus ihrer Betäubung …«
Damit wuchtete Dev den stöhnenden Lunbror auf den Rücksitz. Cin fragte nicht weiter. Sie umrundete das Heck, um in den bereits anfahrenden Wagen einzusteigen.
»Ich fahre so behutsam wie möglich, aber so zügig wie nötig«, erklang es vom Fahrersitz, während Cin um ihr Gleichgewicht kämpfte und fluchte.
»Wäre mir nicht aufgefallen«, murmelte sie, bevor sie mit Schrecken des Blutgeruchs gewahr wurde, der das Innere des Fahrzeuges sättigte. Lunbror hing schräg auf seinem Sitz, den Kopf angelehnt. Sie schob seine Jacke auf und lugte darunter.
»Ich kann nichts sehen. Ich muss sie ein Stück über die Schulter schieben …«
»Wenn wir Glück haben, ist er bewusstlos«, ertönte die Antwort von vorne und sofort konterte Lunbror: »Er hat leider kein Glück und ist nicht bewusstlos. Machen Sie einfach, Cinnamon.«
Trotz der lapidaren Worte biss er stöhnend die Zähne aufeinander, bis die Halsmuskeln hervortraten, solange Cin sich bemühte, die Wunde freizulegen.
»Es geht nicht, ich müsste das Leder zerschneiden. Ich versuche, die Verletzung notdürftig abzubinden. Können Sie mir Ihren Gürtel geben?«
Lunbror öffnete die Schnalle mit einer Hand und sie half ihm, das Leder aus den Schlaufen seiner Hose zu ziehen. Anschließend zog sie die provisorische Aderpresse fest. Lunbror dankte es ihr mit einem Schmerzlaut und sackte zusammen.
»Er hat das Bewusstsein verloren.«
Dev gab ein Brummen von sich und fuhr schneller. »Er braucht – etwas zu trinken«, murmelte er mehr zu sich als zu Cin.
»Vielleicht haben wir was hier im Fahrzeug? Gevior scheint gut vorgesorgt zu haben …«
»Nein, sicher nicht das, was er benötigt«, unterbrach Dev sie missmutig und sie schwieg. Was wollte er Lunbror geben? Alkohol? Der würde nur zusätzlich den Blutfluss anregen. Vorsichtig griff sie nach seinem Handgelenk. Der Puls war kaum zu fühlen und für ihren Geschmack viel zu langsam.
»Haben Sie die Heizung an? Er steht unter Schock.«
»Ja, warten Sie. Der Motor sollte jetzt warm genug sein ….«
Er drehte an einem der Regler im Cockpit. Das Gebläse begann zu rauschen und wohlige Wärme breitete sich im Innern des Wagens aus, die den Blutgeruch intensivierte.
Zum ersten Mal sah Cin bewusst durch die Autoscheiben auf die dahingleitende Landschaft. Dunkler Wald zog neben schneebedeckter Straße dahin. Ihr Blick glitt zu dem bewusstlosen Mann, mit dem sie in zwei Tagen mehr durchgestanden hatte, als vorher in ihrem ganzen Leben. Zumindest, soweit sie sich daran erinnern konnte …
Ihr Entführer.
War er das noch? Befand sie sich nun in der Gewalt dieses Dev? Sie schob die Gedanken zur Seite und fragte: »Wohin fahren wir? Lunbror muss ins Krankenhaus, so schnell wie möglich.«
»Lunbror?« Devs Augen trafen die ihren im Rückspiegel. »Ah, Lu! Nein, da wäre er nicht gut aufgehoben. Außerdem ist die Gefahr, dort von Defoes Häschern gefunden zu werden, zu groß. Ich habe mein Auto nicht weit von hier geparkt. Wir fahren in den Wald und versorgen ihn mit dem Nötigen. Ich sollte alles dabei haben, was wir brauchen.«
Der Ausspruch Häscher hallte bedrohlich durch Cins Sinne. Erst jetzt wurde ihr klar, wie viele Gegner auf sie angesetzt worden waren. …