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Bru-no, Pixabay

Dieses, meinerseits eher unfreiwilliges Meeting, lag zwischen der Veröffentlichung der ersten beiden Bände der Berserkerreihen und der zweiten und somit schon über ein Jahre zurück. Es hat allerdings keineswegs an Aktualität verloren – die Protagonisten  haben sich lediglich noch vermehrt … Einige der anderen findet Ihr bereits in den Kurzgeschichten auf dieser Seite. Andere werden noch folgen.

Ich weiß, Autoren gelten manchmal als ziemlich durchgeknallt. Ich gehöre selbstverständlich nicht dazu. Folgende Geschichte hat sich natürlich genau so zugetragen. 😉

Meeting mit Cale und Co
Heute ist es so weit. In der letzten Zeit habe ich im Wechsel an beiden Fortsetzungen geschrieben. Aber im Moment möchte ich mich mal auf ein Buch konzentrieren. Deshalb habe ich meine sechs, na, eigentlich sind es mittler-weile acht, momentanen Hauptcharaktere zum Gespräch geladen. Sie müssen schließlich wissen, woran sie sind und wann es für sie weiter geht.
Als ich die Haustür öffne, höre ich allerdings viel mehr Stimmen, als nur acht. Nicht, dass das für mich etwas Neues wäre. (Ich vermute, dass es anderen Autoren von Zeit zu Zeit wohl auch so geht …). Vorsichtig luge ich um die Ecke – und sehe meine schlimmsten Vorahnungen bestätigt: Das gesamte Wohnzimmer, inklusive des Flurs, ist bevölkert mit meinen Roman-figuren.
»Was in aller Welt soll das werden?« Ich wende mich an den wohl Auffälligsten der Gruppe. Das ist mit drei Armen und perlmuttfarbenem Körper nun mal der einzige Außerirdische in diesem Raum.
»Ednok«, frage ich, »was machst du hier? Deine Geschichte ist sogar schon erschienen!«
Ednok ringt seine Tentakeln und schaut zu Boden. »Aber ich hatte doch nur eine Kurzgeschichte«, blubbert er und versucht einen achtfachen Augenaufschlag. »Ich dachte, ich könnte vielleicht …« Seine Worte ersterben, als er mein Kopfschütteln sieht.
»Ich hab jetzt schon keine Ahnung, woher ich meine Zeit nehmen soll. Weißt du, die beiden aktuellen Bücher brauchen viel Aufmerksamkeit. Außerdem sind da Netzwerke wie Facebook und Lovelybooks. Ich komme kaum dazu, dort mal etwas zu schreiben. Na ja, und einen Job habe ich auch noch. Es tut mir leid, aber es bleibt erst mal bei deiner Kurzgeschichte.«
»Natürlich. Ich geh‘ schon.« Die Enden seiner hängenden Fühler glänzen verdächtig feucht.
Ich kann einfach niemanden weinen sehen. Auch keinen Außerirdischen. »Weißt du was, Ednok?«, seufze ich, »wie wäre es, wenn ich deine Geschichte demnächst noch mal auf Facebook poste?« Seine Fühler schießen in die Höhe und fangen sanft an zu glühen. »Das würdest du tun?«
Ich nicke ernsthaft. Mit zwei breiten Grinsen im Gesicht verschwindet Ednok.
Puh, denke ich. Dann wären es ja nur noch …
Mein Blick wandert durch den Raum. Alle sind ganz still geworden. Ich habe ihre volle Auf-merksamkeit.
»Also Leute, ich habe das gerade ernst gemeint. Ich würde wirklich gerne an all euren Geschichten auf einmal arbeiten. Aber das geht nun mal nicht. Außerdem sind hier immer noch sehr viele anwesend, die nur in meine Kurz-geschichten gehören!«
»Tja«, ergreift Leon, ein junger Mann mit dunklen Haaren und Schneeflocken im Haar das Wort, »ich denke, uns allen geht es ein bisschen wie Ednok. Uns wird es langweilig!«
Jetzt ist es beinahe an mir, die Hände zu ringen. Romanfiguren!
»Einverstanden. Ab und zu darf eine von euch auf Facebook erscheinen. Aber nagelt mich nicht darauf fest, klar?«
Eifriges Nicken antwortet mir von allen Seiten. »Gut! Dann seid jetzt bitte so lieb und räumt das Zimmer, damit wir zum eigentlichen Thema kommen können!«
Brav laufen, tapsen und kriechen sie an mir vorbei. Als ich hinter der Sofaecke eine Tentakel hervorragen sehe, die sich suchend über den Boden tastet, rufe ich einen zurück: »Unknown, nimm das Monster bitte mit!«
Als die Couch daraufhin beginnt, sich nach vorne zu schieben, korrigiere ich mich: »Nein, besser ist, ihr löst euch hier auf! Sonst liegt gleich der ganze Raum in Schutt und Asche!« Und siehe da, beide sind so nett und ver-schwinden, ohne größere Schäden anzu-richten.
Und ich dachte, meine schwierigste Aufgabe heute wäre, meinen aktuellen Figuren eine Erklärung abzugeben!
»Okay«, wende ich mich an zwei Männer. Einer trägt einen Anzug, der anderen eine SEK-Uniform. »Was ist mit euch? Eure Story ist noch gar nicht fertig geplottet.«
»Ja, toll«, antwortet mir der im Anzug und öffnet seine Jacke so weit, dass ich die Schusswunde sehen kann. »Aber so weit bist du gekommen, was?«
Ähm, tja, was soll ich da sagen … Ich wusste nicht, dass es dich stört?
»Es tut mir leid. Das Problem ist nur, dass das ja schon im Prolog geschieht.« Autsch, das macht es jetzt nicht besser …
Und genauso sieht er das auch.
»Ich könnte mich um ihn kümmern«, schlägt der Typ in der Uniform vor.
»Ja, später.« Ich wedle mit der Hand und ersticke damit auch Anzugs Protest. »Nein, wir machen das so: Ich schreibe demnächst das erste Kapitel. Dann bist du erst mal wieder hergestellt, einverstanden?« Ungnädig lasert mich ein dunkles Augenpaar. »Hab ich eine Wahl?«
Ich zucke mit den Schultern. »Du könntest dir die Zeit mit ihm vertreiben«, und ich deute mit bedeutungsvoll gehobenen Augenbrauen auf den Uniformträger.
»Vergiss es!« Und weg ist er.
»Na, das ist dir ja super gelungen!« Und auch die Uniform verschwindet.
Ich komme mir vor wie nach einem Verhör. Bei zweiunddreißig Grad Außentemperatur sind solche Gegenüberstellungen nicht gerade ein Zuckerschlecken.
»So, hat noch jemand eine Beschwerde?«
Aber der Rest sitzt und steht recht entspannt in der Gegend herum. Cinnamon hat sich auf dem Sessel in Chromes Arme gekuschelt. Gott sei Dank trägt dieser wieder seine dunkle Brille.
Jira und Tooley stehen stehen möglichst weit voneinander entfernt und tun so, als ob sie sich gar nicht sehen würden. Seth lehnt an der Terrassentür und wirft und fängt in komplizierten Figuren seinen Dolch. Cale sitzt auf der Couch und bemerkt vermutlich nicht einmal, dass er Seth beobachtet. So weit, so gut. Erstaunlich ist allerdings, dass alle schweigen. Aber vielleicht ist das auch besser so. Bei so vielen starken Charakteren in einem Raum könnte es schnell Probleme geben.
Außerdem sollten sich zwei von ihnen auch noch gar nicht näher kennenlernen.
»Also ihr Lieben«, beginne ich, jetzt hab ich eh nichts mehr zu verlieren, »wie ihr wisst, habe ich bisher abwechselnd an euren Geschichten geschrieben. Dabei bin ich mit der Fortsetzung von ‚Berserkerblut‘ im Verhältnis schon weiter, als mit der von ‚Berserkersohn‘.«
Seth beendet sein Wurfspiel und lässt die Klinge in seinem Ärmel verschwinden. Nun ja, solange er jetzt nicht die Katana aus der Halterung auf seinem Rücken zieht, geht’s ja …
»Und deshalb habe ich beschlossen, erst einmal die Arbeit an ‚Berserkerblut II‘ fortzusetzen, und mich danach voll und ganz auf die Fertig- stellung von ‚Berserkersohn II, Die Prophezeiung‘, zu konzentrieren.«
So, nun ist es raus.
»Gut. Nichts anderes habe ich erwartet.« Chrome erhebt sich, und bevor Cin sich noch verabschieden kann, sind sie verschwunden.
»Typisch«, kommentiert Jira. »Immer diese Chefallüren. Macht er auch in der Klinik. Aber für uns heißt das nun, wir können weiter zusammen mit Brill arbeiten?« Sie deutet auf Tooley, der scheinbar entspannt am Kamin lehnt, dem aber keine ihrer Bewegungen entgeht. Die Rechte mit dem schwarzen Handschuh steckt halb verborgen in seiner Hosentasche.
»Ja«, antworte ich schlicht. »Wo ist der Kleine überhaupt?«
Tooley bequemt sich zu einer Antwort. »Er verabscheut das Gedrängel. Und mit geschlossenen Räumen hat er es ja sowieso nicht. Wir werden ihm die guten Neuigkeiten gerne überbringen.«
Und mit einem Mal sind auch er und Jira ver-schwunden.
Jetzt bleiben nur noch Cale und Seth. Obwohl —
»Wo sind die beiden anderen?«, frage ich, und Cale lehnt sich entspannt auf seinem Stuhl zurück. »Schätze, das wäre eine Überforderung für sie gewesen. Und er wollte sie nicht alleine lassen.« Er zuckt die Schultern.
»Gut«, Seth stößt sich von der Wand ab, »dann wäre ja alles geklärt. Ich muss noch zu einem Auftrag. Bis denn.« Er nickt mir zu und ist weg.
»Ist bei dir ist alles klar, Cale?«, möchte ich noch wissen.
Dieser erhebt sich. »Sicher, alles bestens, wieso?« Bei seinen Worten schlägt die Farbe seiner Augen um in fluoreszierendes Blau. Als er verschwindet, zerfällt der Stuhl, auf dem er gesessen hat, zu Staub.
Na, denke ich, und darüber habe ich mir so viele Sorgen gemacht? Ging doch eigentlich alles ganz glatt! 😅