(Achtung, diese Leseprobe schließt direkt an die vorhergegangene an! 🙂)
Wir hatten einen Flur passiert, von dem mehrere Türen abgingen. Bei der vorletzten blieb Donar stehen.
»Das hier ist dein Reich.«
Mit diesen Worten öffnete er die Tür und ließ mich zuerst eintreten. Ich weiß nicht, was ich erwartetet hatte. Alles, aber sicher nicht diesen modernen Luxus.
Nach den Kämmerchen mit Pritsche kam mir der Raum vor, wie das Set eines Science Fictions. Geschwungene Formen aus Kunststoff und Holz. Das Bett lag eingefasst in den Fußboden, mit Lichtelementen umrandet. Ein kleiner Tisch wuchs aus dem Boden wie eine Welle, auf deren Kamm man etwas abstellen konnte. Der Clou aber war auch hier die Aussicht: Aus dem gerundeten Fenster sah ich auf einen blaugrünen Bergsee, von der Sonne beschienen. Ich drehte mich zu den beiden um.
»Wie macht ihr das?«
»Tageslichtbilder«, entgegnete Donar, als sei dies das Normalste der Welt. »Auf der Anrichte – er deutete auf ein weiteres wellenförmiges
Gebilde mit Schubladen – liegt die Fernbedienung. Du kannst zwischen
verschiedenen Landschaften und Tageszeiten wählen. Er trat hinzu, ergriff das genannte Gerät und tippte eine Taste. In einem sanften
Übergang verwandelte sich die Berglandschaft in den nächtlichen Ozean. Wellen brachen sich am Strand und hinterließen weiße Gischtlinien. Nur das Meeresrauschen fehlte. Als hätte er meine Gedanken gelesen, ergänzte Balder: »Freyer arbeitet an einer Tonspur, die das Ganze noch realistischer wirken lässt. Aber derzeit haben wir andere Prioritäten.«
Betroffen realisierte ich, dass ich für einen Moment die Brisanz der Situation vergessen hatte: Freyer, der Weltentrinker, von Lokey befreit, auf freiem Fuß und unauffindbar. Seths psychopathischer Zwillingsbruder mit Agon zusammen ebenfalls flüchtig. Tris verschollen und vielleicht schon lange nicht mehr am Leben.
Entschlossen wandte ich mich zu den beiden um. »Wann beginnt das Training?«
Als müsse er mich bremsen hob Balder die Hände. »Jetzt zeigen wir dir erst mal, wo der Speiseraum ist. Dein Magen knurrt so laut, dass ich ständig das Gefühl habe, neben mir stünde ein Berserker in voller Pelzmontur.«